Noch mitten im Examen und in der Unibibliothek an unserem Lieblingsplatz am Fenster
sitzend- an dem man wenigstens ein bisschen vom Sommer miterlebt, beschlossen wir
nach Bolivien zu fahren. Das Land kennenlernen und eine Pause nach dem
Staatsexamen. Das stand auf unserer Prioritätenliste.
Wir kennen jemanden, der jemanden kennt der die Organisation ‚Dentists für Bolivien‘ kennt, Bewerbung abgeschickt, Prüfungen und schon saßen wir im Flieger. So schnell ging’s natürlich nicht, aber nach der stressigen Zeit kommt es einem fast so vor.
Angekommen in Santa Cruz haben uns die sommerliche Luft und Palmen auf dem Weg
durch Straßenblockaden zur Unterkunft richtig beeindruckt. Hier ist uns das erste Mal
aufgefallen, dass wir uns gar keine Vorstellung gemacht haben, was auf uns zu kommt.
Aber dann ging’s eben auch schon los in der Plataforma Solidaria, unserem Arbeitsplatz
für die nächsten zwei Wochen. In der Plataforma, die eigentlich ein Schulhort ist, indem
Kinder auch ein Mittagessen bekommen, ist ein Zimmer mit Zahnarztstuhl ausgestattet.
Hier haben wir gut improvisiert und uns unterstützt. In der Zeit in Santa Cruz konnten wir
knapp 100 Patient*Innen behandeln, Schmerzen lindern, aufklären und viel dazu
lernen. Das Behandlungsspektrum reichte von Zahnputztraining, Zahnreinigungen,
Fissurenversiegelungen und Füllungen bis hin zu Extraktionen. Jedes der Kinder und
Erwachsenen, die sich auf den Stuhl setzten, hatten auch viel Karies. Es gibt keine
Möglichkeit für ein Röntgenbild, aber die Diagnosestellung ist auch ohne oft sehr
eindeutig.
Viele der Kinder waren zu der Zeit nicht dort, weil auch hier Spenden fehlen- aber es hat,
sich rumgesprochen, dass Zähne behandelt werden können und das Wartezimmer war
hier jeden Tag voll, sodass wir draußen eine kleine Untersuchungsstation aufgebaut
haben, um im Behandlungsraum schnell, die notwendigste Behandlung durchführen
und möglichst viele Patient* Innen am Tag drannehmen zu können.
Nachmittags gönnten wir uns Cuñapes ( bolivianische Käsebrötchen) und Kaffee in der Innenstadt von Santa Cruz und
konnten hier etwas in das Stadtleben eintauchen oder machten es uns im Garten der
Unterkunft mit Eis und frischem Obst gemütlich und versuchten unser doch sehr
improvisiertes Spanisch aufzubessern.
Nach knappen zwei Wochen hier ging es zur Akklimatisierung nach Sucre und über La
Paz auf die Isla del Sol im Titicacasee, auf der wir freudig von unseren Gastgebern
begrüßt wurden. Hier war jeder Aufstieg zur Praxis eine kleine Wanderung und
Begegnung mit den Bewohner*Innen und vor allem den Kindern der Insel, die sich auch
nachmittags an der Praxis versammelten und sich mutig behandeln ließen oder zum
Spielen kamen. Auch hier konnten wir knapp 15 Patient*Innen am Tag behandeln, die
sonst nur die nächste zahnärztliche Versorgung am 3h weit entfernten Festland finden. Und auch hier, war in jedem Mund viel Karies zu finden. Zusammen mit unserem Gastgeber Nelson wurden zwei Tage in der Schule in Challa organisiert, an denen Zahnbürsten verteilt wurden und auf Spanisch und Aymara Zahnputztrainings durchgeführt wurden.
Trotzdem ist das, was sich in den Mündern der Kinder zeigt wirklich erschreckend. Die
Menschen hier auf der Insel arbeiten hart, die Prioritäten liegen ganz eindeutig
woanders als bei der Zahnpflege, aber man bekommt als ‚Dentista‘ einen guten
Zugang. Es wir zugehört, zugeschaut und vor allem die Kinder kann man auch
begeistern mitzumachen.
Dadurch, dass wir ein vierer Team waren, haben wir uns auf der Sonneninsel
angefangen abzuwechseln, wodurch auch das Wandern und Baden ( bei 10 Grad Wassertemperatur!) im Titicacasee nicht zu kurz kam.
Die Natur auf der Insel ist wirklich mehr als nur beeindruckend und die
Chance hier so viel Zeit zu verbringen, die Menschen hier etwas näher kennenzulernen
ist etwas sehr Besonderes, das wir nicht vergessen werden.
Es ist so schön nach dem Studium nochmal so anders mit einer Freundin
zusammenarbeiten zu können - zu improvisieren wie Annette Schoof, die Organisatorin
bei ‚dentists für Bolivien‘ so schön sagt.
Wir sind noch mehr zusammengewachsen und teilen jetzt dieses unglaubliche Erfahrung miteinander, die hoffentlich nur der Beginn von vielen Auslandseinsätzen war.
Es ist eine sehr lehrreiche und auch anstrengende Zeit, aber gerade die Sonneninsel
bietet gleichzeitig viel Erholungsmöglichkeiten, das Leben dort kennenzulernen, denn
wann sonst würde man dort zwei Wochen bleiben?
Man selbst lernt viel dazu, ob es ums Handwerk geht oder Menschen mit
unterschiedlichstem Bildungs- und Wissensstand auf einer anderen Sprache über
Zahnpflege aufzuklären.
Die Organisation von Mitarbeitenden von Hostelling International ist dabei eine wirklich große Unterstützung und decken hier gerade auch die sprachlichen und kulturellen Lücken mit viel Herz ab.
Con cariño, Eva y Sara