Einsatzbericht Bolivien Februar / März 2025

Zahnstation Isla del Sol

Die Vorbereitung

Inspiriert von Freunden aus dem Semester über uns, die ebenfalls eine Famulatur in Südamerika gemacht hatten, begaben Olivia und ich uns auf die Suche nach einem geeigneten Projekt für die Monate Februar und März 2025. Wir wollten die Zeit nach dem Staatsexamen nutzen, um solch eine spannende Reise zu unternehmen. Schnell wurden wir fündig. Etwa ein Jahr im Voraus schrieben wir Dr. Annette Schoof-Hosemann von Dentists and friends eine E-Mail – und hatten direkt einen Volltreffer gelandet! Annette antwortete schnell und übernahm sämtliche Organisation. Gemeinsam mit Max Steiner vor Ort, planten sie die Reise, kümmerten sich um Unterkünfte und Transporte. Annette gab uns Tipps zur Flugbuchung und stand uns für all unsere Fragen zur Verfügung. Es dauerte zwar eine Weile, bis sich ein weiteres Team fand, um unsere Gruppe zu vervollständigen, doch schließlich wurden wir mit zwei Zahnärztinnen aus Dresden, Eva und Sara, zusammengebracht. Wie wir standen auch sie frisch nach dem Staatsexamen, sodass Annette kurzerhand entschloss, als 5. Teammitglied - und Zahnärztin mit Erfahrung- unser Team zu begleiten. Olivia und ich hatten beide mehrere Jahre Spanisch in der Schule, doch zumindest bei mir war es etwas eingerostet. Nach unserer Ankunft in Bolivien kam das Sprachgefühl aber rasch zurück, und wir konnten uns gut verständigen. Mit Händen, Füßen und gutem Willen ging mehr als man vorher gedacht hätte.

Die Ankunft in Bolivien

Unser Flug mit Air Europa führte uns mit einem Umstieg in Madrid nach Santa Cruz de la Sierra.  Annette saß im gleichen Flieger, sodass wir uns in Frankfurt erstmals persönlich kennenlernen konnten – vorher hatten wir bereits einen Videocall mit ihr und den beiden anderen Teammitgliedern gehabt. Nach rund 16 Stunden Flugzeit erreichten wir früh morgens Santa Cruz, wo wir abgeholt und zu unserer Unterkunft gebracht wurden. Wir wohnten in einem großen Haus im Süden der Stadt, das wir uns mit einigen Volontarios von Weltwärts teilten. Olivia und ich richteten uns in unserem Zimmer ein und wurden von Belen, der guten Seele des Hauses, und ihren beiden Kindern zum Markt begleitet – dieser war etwa 15–20 Minuten zu Fuß entfernt.

Die Plataforma

Behandlung in unserem kleinen Zimmer
Behandlung in unserem kleinen Zimmer

Eigentlich war geplant, direkt mit Nacira, einer der Hauptorganisatorinnen vor Ort, zur Plataforma zu fahren. Doch Straßenblockaden hinderten sie daran, in unser Barrio zu kommen – ein Hindernis, das uns noch öfter begegnen sollte. Am nächsten Tag trafen schließlich auch Eva und Sara ein. Gemeinsam machten wir uns auf den Weg zur Plataforma. Diese soziale Einrichtung bietet bedürftigen Kindern Mittagsverpflegung und Hausaufgabenbetreuung. Dort befindet sich auch die Behandlungseinheit, die wir als erstes gründlich putzten, da sie etwa ein halbes Jahr ungenutzt war. Nach der Inventur und mit einer langen Einkaufsliste fuhren wir mit Nacira in die Stadt, um Material zu besorgen. In Bolivien ist es üblich, dass Geschäfte gleicher Art in der gleichen Straße angesiedelt sind. So steuerten wir eine »Dental Street« an und statteten einem Dental-Shop einen Besuch ab. Mit vollen Taschen kehrten wir zur Plataforma zurück und machten alles bereit für unseren ersten Behandlungstag. Am nächsten Morgen fuhr Nacira uns zur Arbeit (wie jeden Morgen), wo bereits die ersten Patienten warteten. Das kleine Behandlungszimmer war zwar mit einer Klimaanlage ausgestattet, bot aber nur Platz für zwei Behandler – die anderen beiden warteten entweder im Pausenraum oder draußen. Nach jedem Patienten wechselten wir uns ab, sodass jeder von uns behandeln konnte. Mittags aßen wir gemeinsam mit den Kindern, bevor wir am Nachmittag bis etwa 16:30/17:00 Uhr weiterbehandelten. Die Zahl der Patienten stieg täglich, und wir mussten einige auf den nächsten Tag vertrösten. Allerdings nehmen die Bolivianer mündliche Absprachen oft nicht zu ernst und kommen eben dann, wann es ihnen passt. Annette war jeden Tag mit uns auf der Plataforma und unterstützte uns, wo sie konnte. Ihre Erfahrung und Hilfe gaben uns Sicherheit, sodass wir uns auch an schwierige Fälle heranwagten. Die Behandlungen beschränkten sich auf Füllungen, Extraktionen, Zahnreinigungen und SDF-Applikationen. Die schiere Zahl der Patienten war mitunter überwältigend, doch die Dankbarkeit der Menschen motivierte uns stets, weiterzumachen. Die alte Behandlungseinheit stellte uns manchmal vor Herausforderungen: Das Spuckbecken funktionierte nicht, das Waschbecken fiel zeitweise aus -es wurde aber schnell repariert-, und der mobile Sauger erforderte einen besonders vorsichtigen Umgang. Doch wir passten uns schnell an die Gegebenheiten an – schließlich macht Not ja bekanntermaßen erfinderisch.

So verging die Zeit in Santa Cruz wie im Flug, und bald hieß es, alles für unsere Weiterreise zu packen.

Weiterrreise und erste Eindrücke

Unsere Weiterreise führte uns zunächst nach Sucre. Dort verbrachten wir eine Nacht, um uns in Ruhe an die Höhenlage zu akklimatisieren. Von Sucre ging es weiter nach La Paz – dort nutzten wir die Gelegenheit, um die Stadt ein wenig zu erkunden. Die spektakuläre Lage zwischen schneebedeckten Bergen und das bunte Treiben in den Straßen machten den kurzen Aufenthalt besonders eindrucksvoll. Anschließend setzten wir unsere Reise mit dem Bus fort und überquerten per Fähre einen Seitenarm des Titicacasees, bevor wir Copacabana erreichten. Um die lange Wartezeit auf öffentliche Boote zu umgehen, wurde ein Taxi bis zum Küstenrand organsiert. So dauerte die Seeüberfahrt nach Challa auf der Isla del Sol nur noch rund 30 Minuten – anstelle der üblichen 2,5 Stunden.

In Challa angekommen, wurden wir herzlich von Nelsons Frau Sol und seinen Kindern empfangen. Die Unterkunft war einfach, aber gemütlich. Zwar gibt es bei Nelson kein WLAN, dafür freuten wir uns umso mehr über das warme Wasser in der Dusche dank eines Durchlauferhitzers. Am Abend bereitete uns Nelsons Frau ein leckeres Essen zu, und wir kuschelten uns müde, aber zufrieden, in unsere Schlafsäcke und die bereitgestellten Wolldecken ein. Die Zimmer sind nicht beheizt, doch im Februar sind die Nächte relativ mild.

Vorbereitung auf die zahnärztliche Arbeit

Am nächsten Tag begannen wir mit den Vorbereitungen für unseren Einsatz: Das Behandlungszimmer wurde gründlich gereinigt, alle Instrumente erneut sterilisiert und wir sortierten das mitgebrachte Spielzeug für die Kinder. Den Abend nutzten wir zur Erkundung der Umgebung und wanderten gemeinsam nach Challapampa.

 

Aufklärung und Putztraining

Das Putztraining mit den Kindern machte uns wirklich Spaß
Das Putztraining mit den Kindern machte uns wirklich Spaß

Unser erster offizieller Arbeitstag begann mit einer Montagszeremonie in der nahegelegenen Schule. Die Lehrer hielten Ansprachen, Kinder führten kleine Beiträge auf, und gemeinsam wurde die Nationalhymne gesungen – ein schöner Start in die Woche.

Danach ging es für uns mit der Aufklärungsarbeit los: Wir informierten die Kinder über Karies und Mundhygiene. Annette übernahm einen Großteil der Vorträge, aber auch ich wagte mich an Vorträge auf Spanisch und war sehr zufrieden. Nelson unterstützte uns dabei, alles möglichst verständlich zu erklären. Amelie, Sara und Eva führten mit den Kindern das praktische Putztraining durch. Jedes Kind erhielt eine eigene Zahnbürste und Zahnpasta, und auf dem Schulhof wurde gemeinsam geübt.

Der Alltag im Behandlungszimmer

Nach dem Mittagessen ging es zum Consultorio Dental, unserem Behandlungsraum, der etwa 20 Minuten bergauf liegt – am Anfang eine sportliche Herausforderung auf rund 4.000 Metern Höhe. Die Behandlungen liefen trotz kleinerer Hürden gut an: Turbine und Winkelstücke funktionierten, doch der Sauger bereitete uns immer wieder Schwierigkeiten. Auch fehlten anfangs einige Materialien, wie z. B. Matrizenbänder, doch diese konnten innerhalb weniger Tage geliefert werden.

Während vormittags oft wenig Betrieb herrschte, füllte sich das Wartezimmer nachmittags mit vielen Kindern und Erwachsenen. Unsere Arbeitstage begannen meist um 9 Uhr und endeten erst gegen 18 Uhr – manchmal sogar später, wenn noch Patienten behandelt werden mussten.

Leider machten wir mit Antibiotikabehandlungen nicht die besten Erfahrungen. Viele Patienten kehrten nicht für eine Nachbehandlung zurück, und es wurde uns berichtet, dass Antibiotika oft für Erkältungen aufbewahrt würden.

Vielseitiger Einsatz und bewegende Begegnungen

Mit Wasserfarben ließen sich die Kinder der Isla del Sol immer weider beeindrucken
Mit Wasserfarben ließen sich die Kinder der Isla del Sol immer weider beeindrucken

Unser Behandlungsspektrum reichte wie in Santa Cruz von Zahnreinigungen über Extraktionen bis hin zu Füllungen. Zwischen den Behandlungen spielten wir mit den Kindern oder unterhielten uns mit den Bewohnern. Die Wochenenden nutzten wir für Erkundungstouren – etwa nach Yumani oder zur Nordspitze der Insel mit den Inka-Ruinen.

Abschied und Weiterreise

Das Abschiedsfoto vor dem Consultorio Dental
Das Abschiedsfoto vor dem Consultorio Dental

Die Zeit auf der Isla del Sol verging wie im Flug. Es war eine intensive, erfüllende und bereichernde Erfahrung. Schließlich trennten sich unsere Wege: Wir verabschiedeten uns voneinander und traten individuell unsere Weiterreise innerhalb Boliviens an – dieses Mal mit dem öffentlichen Boot zurück nach Copacabana. Für diese bereichernde Erfahrung sind wir zutiefst dankbar – das Land ist uns in kürzester Zeit sehr ans Herz gewachsen. Eine Famulatur in Bolivien können wir jedem, der die Gelegenheit dazu hat, nur wärmstens ans Herz legen

Spenden

Wenn Sie die Arbeit an diesem Projekt mit einer Spende unterstützen möchten, geben Sie bitte das Kennwort „Zahnstation Bolivien“ als Verwendungszweck an. Vielen Dank.

Der Anteil an Verwaltungs- und Werbekosten liegt bei unter 1%, so dass jede Spende fast vollständig für zahnärztlichen Versorgung verwendet wird.

Bankverbindung
Dentists and Friends
Deutsche Bank Ulm
DE25 6307 0088 0055 8833 00
DEUTDESS630