Zweiwöchiger Einsatz in der Plataforma Solidaria Bolivien TEAM 3
Der Gedanke einen gemeinsamen Auslandseinsatz zu absolvieren, kam uns vor vier Jahren, als ich mitten im Examen steckte und Alina sich durch den Phantomkurs kämpfte. In Zeiten von Corona wurde der Gedanke erstmal auf Seite gelegt und ich begann in das Arbeitsleben zu starten. Ein Jahr später flog Alina in ihren Semesterferien für eine Famulatur nach Madagaskar. Eine Erfahrung, die uns später noch sehr zugutekommen würde. Als wiederum Alina mitten in ihrem Examen steckte und ich nach 2,5 Jahren Praxisalltag um einige Erfahrung reicher war, wurde der Gedanke an unseren gemeinsamen Auslandeinsatz präsent. Nach kurzer Recherche im Internet gestaltete sich die Kontaktaufnahme zu Anette als sehr unkompliziert. Zwei Telefonate und ein Zoommeeting später war es klar, dass wir im August für »dentists and friends« nach Bolivien fliegen. Aufgrund meines begrenzten Urlaubs kamen wir ausschließlich in Santa Cruz und nicht auf der Isla des Sol zum Einsatz. Die Anreise an Alinas Geburtstag war wiederum alles andere als unkompliziert. Neben einem gecancelten Flug war das Gepäck unterwegs beim Umsteigen verloren gegangen und Alinas Kreditkarten funktionierten nicht. Ein Geburtstag, den Alina so schnell nicht vergessen wird. Aber es sollte wieder besser werden. Unser Chauffeur Louis wartete wie abgesprochen am Flughafen und fuhr uns eine Stunde durch die Stadt zu unserer Unterkunft, die sich im Anblick der Nacht als eine Art Labyrinth gestaltete. Am nächsten Tag wurden wir von Nacira abgeholt und trafen Thu-My, Ute, Mirko und Elina in der Plataforma. Wir bekamen eine kurze Einführung in das ca. 6 qm Behandlungszimmer. Unser erster Eindruck war sehr positiv, denn die Ausstattung war besser als erwartet. Das Team vor uns hatte jedoch leider ein Problem mit den Schläuchen der Einheit. Entweder war der*die Behandler*in nass oder der*die Patient*in. Wir lernten schnell, dass die Kommunikation am besten über Anette in Deutschland läuft, wenn etwas verändert werden und funktionieren soll. Denn sobald diese sich eingeschaltet hatte, stand der Techniker da und schon lief die Einheit wieder einwandfrei. In der Plataforma stellte sich Ronald als Mann-für-alles heraus: Rezeptionist, Organisationstalent, Barista, Gute-Laune-Mensch. Er traute sich am Ende sogar auf unseren Behandlungsstuhl. In der Plataforma behandelten wir circa 13 Patienten täglich. Morgens häufig Erwachsene und nachmittags Kinder. Das Behandlungsspektrum reichte von Zahnreinigungen, IPs, Fissurenversiegelungen, Füllungen bis hin zu Extraktionen. Lediglich ein einziges 4-jähriges Kind in den zwei Wochen hatte kariesfreie Zähne. Entgegen vorherigen Aussagen, dass Patienten selten ein zweites Mal kommen, hatten wir uns der kurzen Zeit einen festen Patientenstamm aufgebaut. Ohne Röntgengerät und Wurzelkanalbehandlungen hebelten wir um unser Leben, denn weitere chirurgische Eingriffe wollten wir vermeiden, denn wir hatten lediglich einen Speichelzieher mit 20% Saugfähigkeit, der kein Blut saugen sollte. Die Lupenbrille hatten wir auch nicht dabei. Ungut also Vorstellung einer Wurzel in den Untiefen ohne Licht und mit viel Blut. Ein Ereignis, was uns noch lange in Erinnerung blieb, ist die Entfernung des 1. Oberkiefermolaren bei einer 7-jährigen Patientin. Extraktionen bei Kindern in Deutschland fand ich vorher immer unangenehm. Ich habe den Eindruck, dass bolivianische Kinder eine höhere Schmerzgrenze und bessere Compliance haben. Vielleicht liegt es an deutschen Helikoptereltern? Meine Befürchtungen vor großen Abszessen, Wundheilungsstörungen, abgebrochenen Wurzelspitzen, nicht sitzenden Leitungen, schreienden Kindern trafen während unseres Einsatzes nicht ein. Stattdessen hatten wir viel Spaß bei den Behandlungen. Bei Anette waren wir als Team aus einer Zahnärztin mit 3 Jahren Berufserfahrung und einer frisch examinierten Zahnärztin, beide ohne Spanischkenntnisse, verbucht. Und so traten wir gemeinsam dieses Abenteuer an. Gleich zu Beginn überraschte Alina mit einigen spanischen Vokabeln, die sich von Tag zu Tag zu ganzen Sätzen formierten und der A1 Unikurs stellte sich als sehr nützlich heraus. Dadurch konnten wir ein bisschen mehr in Kontakt mit den Patienten treten.
Meist mit Sätzen, die die Patienten sehr lustig und amüsant fanden, aber wir wurden verstanden. Mittags trugen die Kaffeepausen mit Ronald zur Erheiterung bei. Auch wenn französische und italienische Vokabeln sich einmischten, ohne dass wir es bemerkten, beherrschten wir die das Zahnarztspanisch mit der Zeit im Schlaf. Es zeigte sich, dass es viel Wert ist die Sprache zu beherrschen, um Vertrauen aufzubauen und auch für einen selbst, sich nicht wie ein Fremder vorzukommen.
Dadurch, dass Alina bereits eine Famulatur absolvierte hatte, ergänzten wir uns. Ich konnte von Alina die besten Leitungsanästhesien und Geduld beim Hebeln lernen. Dafür half ich ihr bei schwierigen Füllungen und hatte gelegentlich Tipps aus dem Praxisleben, die einem die Assistenten in der Zahnklinik nicht beibringen. Mit einer Freundin zu behandeln, mit der man sich blind versteht, macht den Arbeitsalltag besonders leicht. Für einen Monat teilten wir 24/7 unser Leben. Das schafft man nicht mit jeder Freundin.
Ich bin sehr stolz auf uns! Ein großartiges Abenteuer, das uns für immer bleibt!
Muchas gracias a todos!
Alina y Carolin