Einsatzbericht Uganda 2024

Katate Health Center

Bericht vom zweiten zahnärztlichen Einsatz im Katate Health Center in Uganda

19. April bis 5. Mai 2024

Dr. Joachim Wegener

 

Die Anreise erfolgte dieses Mal mit Brussels Airlines von Brüssel nach Kigali in Ruanda. Abgeholt wurde ich von Martin Atukwase, dem Administrator des Krankenhauses. Wegen der Ankunft am Abend war vor der Weiterfahrt über die Grenze nach Uganda eine Übernachtung notwendig. Nachtfahrten empfehlen sich aus verschiedenen Gründen nicht.

Kigali ist eine quirlige Stadt im relativ wohlhabenden Ruanda, die Unterschiede zu Uganda sind offensichtlich. Die Straßen sind sehr sauber und gepflegt, es gibt viele moderne Gebäude. Vielen Menschen sieht man an der Kleidung den höheren Lebensstandard an. Alle Motorradfahrer tragen einen Helm, in Uganda so gut wie niemand.

Am nächsten Morgen haben wir das große, moderne Kongresszentrum auf einem weitläufigen Parkgelände besucht. Anschließend auch eines der vier Genocide Memorials. Der Völkermord von Hutu und Tutsi jährt sich zum dreißigsten Mal. Es gibt sehr viel Information zu Geschichte und Ursachen, sowie erschütternde Bilder von gegenseitigen, extrem brutalen Morden von bis zu 1.000.000 Menschen. Außerdem haben zahllose Vergewaltigungen von Mädchen und Frauen von April bis Juli 1994 stattgefunden. Ein Großteil der Opfer war anschließend HIV positiv.

Kwibuka 30 bedeutet etwa Mahnmal
Kwibuka 30 bedeutet etwa Mahnmal
 

Nähere Informationen zu diesem unvorstellbaren Völkermord gibt es hier:

https://de.wikipedia.org/wiki/Völkermord_in_Ruanda 

Den Rest des Wochenendes nutzten wir für den Besuch der Virunga Vulkane in der Grenzregion von Demokratischer Republik Kongo - Ruanda - Uganda. Da in dieser Zeit  Regenzeit herrscht, hatten wir kaum Aussicht auf die Vulkanberge, aber auf der Rückfahrt eine unangenehme Autopanne im Regen. Ein Automechaniker und zwei Helfer kamen auf einem Motorrad im strömenden Regen, mit dem Ersatzkeilriemen und minimalistischem Werkzeug, um den Wagen mit viel Improvisation wieder fahrtüchtig zu machen.

   

Tief in der Nacht zum Montag erreichten wir dann den Ort Kanungu und die Unterkunft bei einer Familie in der Nähe des Krankenhause Katate Health Center IV.

 

Für die nächsten zwei Wochen war das Dental Camp dort geplant und bereits zwei Wochen vorher im lokalen Sender angekündigt worden. Es kam täglich eine große Zahl an Patienten, so viele, daß längst nicht alle behandelt werden konnten. Der Verwalter Martin hat sich in der Folge bemüht, das Problem zu lösen mit Nummernkärtchen,  Terminvergabe an anderen Tagen. Leider mussten auch wartende Patienten weggeschickt werden.

Wartende Patienten auf dem Flur
Wartende Patienten auf dem Flur
Wartende Patienten vor dem Haus
Wartende Patienten vor dem Haus
   

Mit der Zeit gelang es dann die Arbeitstage ein wenig zu strukturieren. Da sehr viele Patienten wegen Zahnextraktionen kamen, haben wir zwei- bis dreimal täglich eine Extraktionsserie mit etwa fünf Patienten hintereinander eingeschoben.

Der Dental Officer Tadeo Ahimbibisibwe extrahiert routiniert, schnell und sicher. Dental Nurse Brendah ist mittlerweile auch sicherer im Vor- und Nachbereiten des Behandlungsplatzes und der Behandlungsassistenz.

Die übrige Zeit haben wir darauf verwendet, konservierende und kleinere prothetische Behandlungen durchzuführen. Die Unterstützung des Dental Departments verstehe ich als Beitrag zum Aufbau, zur Organisation und fachlichen Weiterbildung. Daher haben wir viel Zeit mit Demonstration von Behandlungstechniken, Betreuung und Anleitung während der Behandlungsmaßnahmen, theoretischer Weiterbildung, auch mithilfe von eigenen Präsentationen und Lehrmaterial aus dem Internet verbracht.

Besonderen Wert haben wir dabei auf das Erlernen der Seitenzahnrestaurationen von großen, mehrflächigen Defekten mit Amalgam gelegt. Die zuverlässige Haltbarkeit, einfache Verarbeitung und geringere Anforderung an Trockenlegung des Arbeitsgebietes geben den Ausschlag für die Entscheidung für die Verwendung von Amalgam.

Im Frontzahnbereich und bei kleineren okklusalen Defekten kamen Compositematerialien in Adhäsivtechnik zur Anwendung, teilweise auch unter Kofferdam.

Das Vorgehen bei Wurzelkanalbehandlungen haben wir an einwurzeligen und mehrwurzeligen Zähnen demonstriert und unter Anleitung weiterentwickelt. Zwar fehlt die Möglichkeit zu röntgen, aber dank großzügiger Materialspenden meines befreundeten Kollegen Dr. Walter Vogel aus Rheinberg steht uns jetzt einiges an moderner endodontolgischer Ausstattung zur Verfügung.

Mit Hilfe von Elektrometriegerät, Messblock, drehmomentkontrolliertem Endomotor und einem Sortiment rotierender Nickel-Titan-Feilen, sowie Guttapercha-Points, Sealer, Spreader u.v.a.m. konnten wir die Behandlungsergebnisse deutlich verbessern. Röntgenologisch können wir diesen Fortschritt zur Zeit leider nicht verifizieren. Wir hoffen, dass die Einrichtung eines digitalen Röntgensystems in der Zukunft möglich sein wird.

Demonstration endodontologischer Vorgehensweisen
Demonstration endodontologischer Vorgehensweisen
  

Kollege Tadeo hat mittlerweile auch begonnen einfachen Zahnersatz anzufertigen. Hierzu arbeitet er mit einem Zahntechniker in der Hauptstadt Kampala zusammen. Die Alginatabformungen gießt er selbst aus und versendet die Modelle per Nachtbus, Fahrzeit  nach Kampala ca. 10 Stunden. Nach wenigen Tagen wird der fertige Zahnersatz angeliefert. Wir haben gemeinsam die Anpassung von Drahtklammern und Bearbeitung des Basiskunststoffes mit der Fräse demonstriert und durchgeführt. Unsere in Deutschland üblichen Qualitätsansprüche werden dabei nur unvollständig erfüllt.

Ich selbst habe einige wenige Osteotomien (operative Zahnentfernungen) durchgeführt, was ohne Röntgenbilder und mit reduzierten technischen und instrumentellen Möglichkeiten eine gewisse Herausforderung darstellt.

 

Zahlreiche Patienten haben große Dankbarkeit für die zahnärztliche Behandlungen ausgesprochen. Allerdings werden auch kleine Beteiligungen an den Behandlungskosten gefordert. Die Patienten gehen nach Untersuchung zur Krankenhauskasse und bezahlen die geplanten Maßnahmen.

Manchmal wird die Dankbarkeit auch auf besondere Weise gezeigt und erreicht sogar die Praxis in Deutschland.

  

Zeitgleich zum Dental Camp wurde auch das Surgical Camp mit dem deutschen Chirurgen Dr. Holger Listle abgehalten. Es wurden wieder zahlreiche chirurgische Eingriffe unterschiedlicher Art durchgeführt. Eine große Hilfe in dieser medizinisch völlig unterversorgten Region!

Das gesamte Team des Krankenhauses bei Eröffnung des Surgical Camp
Das gesamte Team des Krankenhauses bei Eröffnung des Surgical Camp
Besprechung der Ärzteschaft
Besprechung der Ärzteschaft
ein imponierendes Keloid
ein imponierendes Keloid
Gute Wundheilung einige Tage nach Entfernung des Keloids
Gute Wundheilung einige Tage nach Entfernung des Keloids
     

Der Aufenthalt im Katate Health Center war auch dieses Mal sehr erfolgreich. Trotzdem bleibt noch viel zu tun, die Aufbauarbeit wird weiter gehen. Der nächste Aufenthalt im Katate Health Center ist für Ende November 2024 geplant.

Zusätzliche Informationen befinden sich auch in meinem ersten Bericht über den zahnärztlichen Einsatz im Jahr 2023.

 

Dr. Joachim Wegener, im Oktober 2024

 

Weiterführende Informationen:

https://www.katate-health-center.de/die-neuesten-nachrichten/ 

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